Immer mehr, mehr, MEHR...
Ich fühle mich bis auf ein paar Schulwochen im Jahr ständig überlastet. Ich liebe meinen Beruf und die Arbeit mit den Kindern, aber es ist in diesem System einfach nicht mehr zu schaffen.
Ich unterrichte im Abteilungsunterricht eine 1. und 2. Schulstufe mit 23 Kinder. Obwohl wir einige Stunden schulstufenweise getrennt haben, ist es nicht möglich den Anforderungen gerecht zu werden. Was mich im Moment am meisten aufregt, sind die Ideen der Bildungsdirektionen! Sie sehen nicht, dass Schule brennt. Stattdessen kommen "Ideen" zur Begabungs- und Begabtenförderung mitten unterm Schuljahr. Dazu musste sich eine Lehrer:in freiwillig als Beauftragte:r melden. Um den Kolleg:innen das abzunehmen, habe ich mich dazu gemeldet. Eigentlich hatte ich zu diesem Zeitpunkt schon alle erforderlichen Fortbildungsstunden absolviert und wusste da auch noch nicht, dass ich als Beauftragte noch mehr absolvieren muss. Ein Nachmittag in Zwettl und eine Onlinefortbildung waren somit die Draufgabe zu den bereits geleisteten Fortbildungsstunden.
Beim Inhalt dieser beiden Veranstaltungen hat es in mir gekocht. Beim ersten Teil ging es darum, Begabungen zu entdecken und individuell zu fördern. Was stellen sich die da oben eigentlich vor? Wie solll das unter diesen Bedingungen gehen? Beim zweiten Termin ging es um die Entdeckung von Hochbegabten (bei der ersten Veranstaltung haben sie uns aber schon gesagt, dass das max. 2% der Menschen sind). Jetzt frag ich mich ernsthaft, warum zur Hölle muss ich eine Fortbildung besuchen, wenn ich so schon den Kindern nicht gerecht werden kann, um mögliche 2% der Bevölkerung in meiner Klasse zu suchen? Abgesehen davon ging es bei der Fortbildung darum, durch pädagogische Diagnostik diese zu entdecken - z.B. durch Fragebögen. Ernsthaft? Ich soll eine Hochbegabung feststellen? Dafür gibt es psychologische Tests, die von Expert:innen durchgeführt werden müssen! Wieso sollten wir Lehrer:innen das auch noch zusätzlich machen? Das ist nicht unsere Aufgabe!
Kein Mensch da oben kümmert sich um unsere Anliegen und die echten Probleme in diesem System! Stattdessen wird durch solche Anordnungen und durch sogenannte Schulqualitätsentwicklungspläne dieser Job zum Albtraum! Vollkommen realitätsfern wird versucht Schule zu "verbessern", ohne wirklich etwas im System zu verändern. Es wird lediglich "versucht" die Schule über UNS zu reformieren. Indem WIR uns fortbilden müssen, indem WIR Pläne mit Ideen schreiben müssen, indem WIR Dinge zur Verbesserung umsetzen müssen, usw. Aber es wird dabei völlig vergessen, dass wir nicht alles alleine machen können! Die Qualität wird nicht besser, indem man versucht einer Person, die schon grundsätzlich einen sehr fordernden Job hat, immer mehr und mehr aufzubürden. Das funktioniert einfach nicht. Die Schnitzel in einem Lokal werden sicher auch nicht besser, wenn der Gastwirt seinem Koch noch 30 weitere Gerichte auf die Speisekarte setzt. Das wird einfach nirgends funktionieren. Leider gibt es im Laufe des Schuljahres viele solcher bewegenden, ärgerlichen Augenblicke, die frustrieren. Ich hoffe sehr, dass durch diese Bewegung hier endlich einmal Schwung in die Debatte kommt und die ganze Lehrer:innenschaft endlich aufsteht und sich nicht mehr auf der Nase herumtanzen lässt! Ich bin jedenfalls dabei!
B. (Lehrerin in NÖ)